Osteoporose
Einleitung - Diagnostik - Therapie
Aus der Krankengeschichte ergeben sich wichtige Hinweise, die auf eine Osteoporose hindeuten bzw. ihre weitere Abklärung notwendig machen:
- Knochenbrüche aus geringfügigem Anlass, Häufung von Frakturen
- Körpergrößenabnahme um mehr als 4 cm seit dem 25. Lebensjahr und/oder
- akut auftretende, starke Rückenschmerzen (diese sollten röntgenologisch abgeklärt werden)
- radiologisch gesicherte osteoporotische Wirbelfraktur(en) (das Risiko für eine weitere Fraktur ist dann 5-fach erhöht)
- niedriges Körpergewicht (Body-Mass-Index<20)
- kurze Östrogenexpositionzeit (zwischen erster und letzter Monatsblutung liegen weniger als 30 Jahre)
- hohes Sturzrisiko (zwei oder mehr häusliche Stürze im letzten halben Jahr)
- hohes Lebensalter ab 75 Jahre mit Verminderung von Muskel- und Fettmasse, Geh- und Sehbehinderung, Medikamenteneinnahme (Schlaf- und Beruhigungsmittel, Blutdrucksenker u.a.)
- Lebensgewohnheiten: Zigarettenrauchen, Alkoholkonsum, calciumarme Ernährung, körperliche Inaktivität
- Hinweise für eine sekundäre Osteoporose
Erkrankungen bzw. medikamentöse Therapien, die zu einer sekundären Osteoporose führen können:
- Hypogonadismus (erniedrigte Geschlechtshormone)
- Glucocorticoid-Langzeittherapie (>6-12 Monate, >7,5 mg Prednisolon/Tag) z.B. bei Asthma bronchiale oder entzündlich rheumatischen Erkrankungen
- Erkrankungen der Hypophyse oder der Nebenniere mit erhöhtem Cortisolspiegel
- Erkrankungen der Hypophyse mit erhöhtem Prolaktinspiegel
- Hyperthyreose
- Primärer Hyperparathyreoidismus (Überfunktion der Nebenschilddrüse)
- Erkrankungen der Niere mit erhöhter Calciumausscheidung
- Vitamin D-Stoffwechselstörung
- Alkoholabusus
- Lebererkrankungen
- Malabsorptionssyndrome z.B. bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa oder M. Crohn, Sprue sowie Zustand nach Gastrektomie oder Colektomie
- Milchunverträglichkeit (Laktoseintoleranz, Milcheiweißallergie)
- Essstörungen, z.B. Anorexia nervosa
- Langzeittherapie mit Marcumar oder Heparin
- Epilepsie
- M. Parkinson
- Plasmozytom
- Prostata-Carcinom v.a. mit antiandrogener Therapie
- Systemische Mastozytose
- Zustand nach Chemotherapie
- Zustand nach Organtransplantation
- Bestimmte Knochenerkrankungen z.B. Osteogenesis imperfecta
Das Zusammenkommen mehrerer Risikofaktoren erhöht die Wahrscheinlichkeit, eine Osteoporose zu entwickeln.
Die körperliche Untersuchung umfasst: Messen von Körpergröße und Gewicht, Inspektion des Rückens und Beurteilung der Standfestigkeit und Gangsicherheit. Gleichzeitig können sich Hinweise auf sekundäre Ursachen einer Osteoporose ergeben.
Zur Frage einer Grunderkrankung, die zur Osteoporose führen könnte, werden auf ärztliche Veranlassung Blut- und evtl. auch Urinuntersuchungen durchgeführt. Das Basislabor umfasst Blutbild, BSG, Calcium, Phosphat, Kreatinin, AP, GGT, TSH und Eiweißelektrophorese und dient vor allem dem Ausschluss sekundärer Osteoporoseformen.
Knochendichtemessung
Zur Messung der Knochendichte stehen die periphere quantitative Computertomographie (pQCT), die quantitative Computertomographie (QCT) und die Dual Energy X-ray Absorptiometry (DXA) zur Verfügung. Gemäß den Empfehlungen des Dachverbandes der deutschsprachigen osteologischen Fachgesellschaften (DVO) wird derzeit in der Osteoporosediagnostik das DXA-Verfahren empfohlen. Hierbei handelt es sich um ein Röntgenverfahren mit sehr geringer Strahlenbelastung. Gemessen wird der Calcium-Hydroxylapatitgehalt des Knochens, der Rückschlüsse auf die Knochenmasse ermöglicht. In vielen Studien wurde der Zusammenhang von Knochendichte und Frakturrisiko belegt.
Die DXA-Untersuchung ist an der Lendenwirbelsäule, dem Oberschenkel und dem Unterarm möglich. In höherem Alter und bei bekannten Veränderungen der Wirbelsäule bietet die Messung am Oberschenkel Vorteile, da hier keine Beeinträchtigungen der Auswertbarkeit zu erwarten sind. Die Untersuchung an zwei Messorten ist sinnvoll zur Beurteilung von Stamm- und Extremitätenskelett und zum Ausschluss von Fehlerquellen. Die Referenzwerte werden als T- und Z-Score (Werte) in Standardabweichungen zum Normalkollektiv angegeben. Der T-Score gibt die Abweichung des Patientenmesswertes vom Mittelwert Gesunder mit ca. 30 Jahren an. Der Z-Score bezieht sich auf die Abweichung vom Mittelwert Gleichaltriger.
Empfehlungen:
- 1. T-Wert > -2 SD: Empfehlungen zur Lebensführung, ausreichende Versorgung mit Calcium und Vitamin D.
- 2. T-Wert zwischen -2 SD und -2,5 SD: Röntgen BWS/LWS zum Ausschluss stummer Wirbelfrakturen. Ohne Fraktur wie 1., sonst wie 3.
- 3. T-Wert < -2,5 SD: Empfehlungen zur Lebensführung, spezielle Pharmakotherapie.
Beim Vorliegen osteoporotischer Frakturen werden die Kosten der Knochendichtemessung mittels DXA-Verfahren von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Verlaufskontrollen werden je nach Befund und Therapie in der Regel frühestens nach einem Jahr durchgeführt. Zum Ausschluss von unbemerkt erlittenen Wirbelfrakturen sollte eine Röntgenuntersuchung von Brust- und Lendenwirbelsäule veranlasst werden.
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Engelbach M., Santen R., Sandforth R., Endokrinologische Gemeinschaftspraxis, Frankfurt